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Hintergrund

Die vorliegende „Orientierungshilfe zu den Qualifikationsanforderungen für die Bestellung von Tierschutzbeauftragten“ wurde durch eine im Rahmen der Arbeit der Tierschutzbeauftragten NRWs gebildeten Arbeitsgruppe im Zeitraum des 3.Quartals 2024 bis 2. Quartals 2025 erarbeitet. 

Dieser Arbeitsgruppe gehörten Vertretende der Tierhausleitenden und Tierschutzbeauftragten (Prof. Dr. Sabine Bischoff, Dr. Philip Dammann, Prof. Dr. Gero Hilken, Dr. Matthias Schmidt, Dr. Jan Sternberg, Prof. Dr. René Tolba, Dr. Maureen Walberer) an. Der Inhalt der Empfehlung wurde bereits während der Erstellung und vor Veröffentlichung mit den Behördenvertretenden der Genehmigungsbehörde in Nordrhein-Westfalen (Landesamt für Verbraucherschutz und Ernährung, LAVE) ausführlich diskutiert und abgestimmt. Die Empfehlungen sollen als Orientierungshilfe dienen, schließen aber möglicherweise darüber hinaus gehende Anforderungen an spezifische Qualifikationen oder Ausnahmen von den weiter unten genannten Anforderungen durch die Genehmigungsbehörde nicht aus. 

Einrichtungen und Betriebe, in denen Wirbeltiere und/oder Kopffüßer zu wissenschaftlichen Zwecken gehalten, gezüchtet, verwendet und/oder abgegeben werden sollen, müssen einen oder mehrere Tierschutzbeauftragte (TierSchB) bestellen. Die Bestellung muss der zuständigen Behörde angezeigt werden. (§ 10 (1) TierSchG in Verb. mit § 5 (1) TierSchVersV). Zum TierSchB können nur Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium der Veterinärmedizin bestellt werden (§ 5 (3) TierSchVersV), die über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Zuverlässigkeit für die Durchführung ihrer in § 5 (4) TierSchVersV angegebenen Aufgaben verfügen. Die zuständige Behörde kann Ausnahmen hiervon genehmigen, wenn die Bestellung einer anderen spezialisierten Person geeigneter ist als die Bestellung einer Person mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium der Veterinärmedizin und die Person die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nachgewiesen hat (§ 5 (3) TierSchVersV). 

Die/der Tierschutzbeauftragte ist gemäß §10 TierSchG verpflichtet, in besonderem Maße auf den Schutz der Tiere zu achten.

In § 5 (3) der TierSchVersV wird die fachliche Qualifikation für zu bestellende TierSchB durch das Vorliegen von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Durchführung der gem. §5. (4) TierSchVersV genannten Aufgaben festgelegt: 

  1. Achtung auf die Einhaltung von Vorschriften, Bedingungen und Auflagen im Interesse des Tierschutzes.
  2. Beratung der Einrichtung / des Betriebs und die mit der Haltung der Tiere befassten Personen insbesondere hinsichtlich des Wohlergehens der Tiere und der Möglichkeiten zur Verbesserung des Wohlergehens der Tiere beim Erwerb, der Unterbringung und der Pflege sowie hinsichtlich deren medizinischer Behandlung.
  3. Erstellung einer Stellungnahme zu jedem Antrag auf Genehmigung eines Versuchsvorhabens.
  4. Innerbetrieblich auf die Entwicklung und Einführung von Verfahren und Mitteln im Sinne der 3Rs hinzuwirken (gemäß §7 und 7a TierSchG)
  5. Beratung der mit der Durchführung von Tierversuchen befassten Personen insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der in Nummer 4 genannten Verfahren und Mittel sowie Information über aktuelle technische und wissenschaftliche Entwicklungen in diesem Bereich. 

Die Prüfung, ob die angezeigte Bestellung ordnungsgemäß und vollständig ist, erfolgt gemäß den aktuell geltenden Rechtsvorgaben und unter Einbeziehung der für das Verwaltungsverfahren anerkannten Auslegungshilfen. Sie erfolgt unter dem Vorbehalt von Änderungen oder Ergänzungen, z.B. aufgrund von Erlassen der Landesregierung oder durch Entscheidungen der Projektgruppe Tierversuche der LAV AG Tierschutz. 

Grundsätzlich wird es in diesem Zusammenhang seitens des LAVE als sinnvoll und zweckmäßig erachtet, dass neue TierSchB eine angemessene Einarbeitungszeit unter Aufsicht und Anleitung eines bereits bestellten Tierschutzbeauftragten in der Einrichtung erhalten. 

Es wird vorausgesetzt, dass die versuchstierkundliche Einrichtung bzw. Betrieb über eine innerbetriebliche Anweisung für TierSchB oder Ähnliches verfügt, die u.a. sicherstellt, dass die/der TierSchB ihre/seine Aufgaben weisungsfrei und die Pflicht zur regelmäßigen Fortbildung erfüllen kann. 

Zielgruppe

Diese Empfehlung soll Einrichtungen und Betrieben nach § 10 (1) TierSchG als Orientierungshilfe für die erforderlichen Qualifikationen von zu bestellenden TierSchB dienen. 

Grundsätzliches zur Qualifikation von TierSchB

Die/der TierSchB muss die erforderlichen biomedizinischen und versuchstierkundlichen Fachkenntnisse haben. Dabei sind die Anforderungen an TierSchB grundsätzlich insbesondere in Hinblick auf Haltung und Pflege von Tieren, Auswahl und Anwendung möglichst wenig belastender Betäubungs-, Analgesie- und Tötungsmethoden höher zu stellen als an Versuchsdurchführende, Planer und Leitende eines Versuchsvorhabens aufgrund der Pflicht der/des TierSchB diesen Personenkreises zu beraten, zu informieren und zu kontrollieren. 

Die Prüfung erfolgt stets in Abhängigkeit von den Gegebenheiten der Einrichtung bezogen auf die dort gehaltenen, gezüchteten und/oder verwendeten Tierarten. 

Die Zuverlässigkeit einer/eines TierSchB im Sinne der TierSchVersV wird angenommen, wenn keine Tatsachen bekannt sind, die an der Zuverlässigkeit zweifeln lassen (bspw. wegen tierschutzrechtlicher Verstöße). Des weiteren darf kein Interessenkonflikt vorliegen. 

Die Bestätigung einer/eines TierSchB gilt ausschließlich für die Einrichtung, die die Bestellung angezeigt hat. Daraus ergibt sich kein Anspruch für die Person, in einer weiteren oder anderen Einrichtung als Tierschutzbeauftragter bestätigt zu werden. Jede neue Bestellung wird in einem eigenen Verfahren geprüft. 

Sachkundevoraussetzungen für die Bestellung von TierSchB an Forschungseinrichtungen in NRW

Es müssen mindestens folgende Voraussetzungen erfüllt werden können: 

  1. Tierärztliche Approbation (Nachweis mittels Approbationsurkunde) und
  2. Einschlägige tierexperimentelle und/ oder versuchstierkundliche Erfahrungen von insgesamt mind. 3 Jahren (Nachweis mittels Lebenslauf, ggf. Aktenzeichen / Bescheide von Versuchsvorhaben, ggfs. Promotionsurkunde, ggfs. Publikationsliste), ggf. in Rücksprache mit der Behörde verkürzbar um die Einarbeitungszeit in der Einrichtung, von der die Person bestellt werden soll, sofern diese unter Anleitung und Aufsicht eines bereits bestellten TierSchB erfolgt. Die Bestellung erfolgt dann nach Abschluss der Einarbeitungszeit und
  3. Nachweis über Fort- und Weiterbildungen im Bereich der Versuchstierkunde und des Tierschutzes (tierschutzrechtliche Grundlagen, Tierwohl, Ethik, 3R-Konzept, Biometrie etc.) Bsp. im Rahmen von Kursen der EU-Funktion A, B und D Für Personen, die versuchstierkundlich tätig sind, gilt die gesetzlich festgelegte Verpflichtung zur regelmäßigen Fortbildung (§ 3 (2) TierSchVersV). Nachweise sind der Anzeige zur Bestellung zur/ zum TierSchB beizulegen. 

Bei Personen mit einer abgeschlossenen Weiterbildung zur Fachtierärztin / zum Fachtierarzt für Versuchstierkunde oder Tierschutz wird davon ausgegangen, dass o.g. Voraussetzungen erfüllt werden. Grund ist die mindestens vierjährige, unter nachgewiesener fachkundiger Aufsicht erfolgte Weiterbildung in anerkannten Weiterbildungsstätten auf den o.g. Gebieten, das heißt Vertiefung tierärztlicher Grundkenntnisse im entsprechenden Fachgebiet, umfangreiche fachspezifische Fortbildungen von mind. 160 Stunden, dem Bestehen einer Prüfung vor der Berufskammer sowie einer kontinuierlichen fachspezifischen Fortbildungsverpflichtung, die jährlich der Berufskammer nachgewiesen werden muss. 

Sofern in der Einrichtung / in dem Betrieb andere als die unter 1 genannten Tierarten gehalten, gezüchtet und/oder verwendet werden, gilt abweichend zu Nummer 2 Folgendes: 

  • für nicht-humane Primaten (NHP): mind. 3 Jahre versuchstierkundliche Erfahrungen mit NHP (inkl. entsprechender Fortbildungen)
  • für andere „exotische“ Tierarten: zusätzliche versuchstierkundliche Erfahrungen und / oder Fortbildungen zu der jeweiligen Tierart/Tierordnung. 

In begründeten Einzelfällen können zusätzliche Sachkundevoraussetzungen erforderlich sein. 

Zum Umgang mit Ausnahmen

Aufgrund der Bedeutung der Funktion der / des TierSchB für den Schutz von Tieren, die zu wissenschaftlichen Zwecken gehalten und / oder verwendet werden, und ihrer/seiner besonderen Stellung innerhalb der Einrichtung / des Betriebs, sind Ausnahmen von o.g. Sachkundevoraussetzungen an einen besonders hohen Anspruch gebunden und entsprechend zu begründen. Diese werden in jedem Einzelfall von der Behörde geprüft. 

Der Gesetzgeber sieht eine solche Ausnahme bei Personen vor, die kein abgeschlossenes Veterinärmedizinstudium haben. Bei der sog. „anderen spezialisierten Person“ muss es sich jedoch um eine angemessen qualifizierte Spezialistin/einen angemessen qualifizierten Spezialisten handeln, die/der für die Aufgabe geeigneter ist als eine versuchstierkundlich erfahrene Person mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium der Veterinärmedizin und die über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten entsprechend Anlage 1 Abschnitt 1, 2 und 3 der TierSchVersV verfügt. Die Prüfung erfolgt analog zu den oben aufgeführten Nummern 1-3 im Rahmen der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung. 

Literatur & Download

§ 10 Tierschutzgesetz (TierSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 20 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2752) geändert worden ist 

§ 5 Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV) vom 1. August 2013 (BGBl. I S. 3125, 3126), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. August 2021 (BGBl. I S. 3570) geändert worden ist 

Anlage 1 Abschnitt 1, 2 und 3 der TierSchVersV 

Ziffer 8.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes (AVV TierSchG) vom 09. Februar 2000 

Kommentar zum TierSchG, Hirt, Maisack, Moritz, Felde, 4. Auflage, 2023, zu § 5 TierSchVersV 

Kommentar zum TierSchG, Lorz, Metzger, 7. Auflage. 2019, zu § 5 TierSchVersV 

Sie können das "Orientierungshilfe zu den Qualifikationsanforderungen für die Bestellung von Tierschutzbeauftragten (NRW-Tierschutzbeauftragte)" hier als PDF-Dokument herunterladen.

Bei Rückfragen steht Ihnen die Geschäftstelle des 3R-Kompetenznetzwerks NRW gerne zur Verfügung (3r-netzwerk-nrw@ukbonn.de).